2005-10-21, 00:45
"Lebensläufe" sind hier viel umfangreicher als bei uns.
Im deutschsprachigen Raum sagt man ja, in der Kürze liegt die Würze.
Hier in den USA sind 5 Seiten scheinbar das Minimum. Nichts tabellarisch oder so, sondern schön in Aufsatzform inklusive detailliertester Beschreibung aller jemals durchgeführten Tätigkeiten, natürlich ordentlich ausgeschmückt (eben Teleshopping - da wird ja auch die An- Aus-Funktion einer Pimperldigitalkamera als Innovation des Jahrtausends verkauft).
Üblicherweise ist der Aufbau so:
Ein kurzer Absatz was man sich von einer neuen Stelle erwartet und was man dort einbringen kann.
Das klingt in etwa so: "Able to identify opportunities and consistently achieve objectives. Develop insights and solutions; improve organizational effectiveness".
Dann kommen die Jobs der letzten Jahre plus die genaue Tätigkeitsbeschreibung.
Ich hab zB grad einen Lebenslauf vor mir liegen von jemandem der mal als Verkäufer in einem Supermarkt gearbeitet hat:
"assisted customers with questions and comments"
"provided customers with expert knowledge of products and their location in the store".
=> Ja eh, was macht ein Supermarktverkäufer denn sonst?![[Bild: icon_rolleyes.gif]](https://www.downhill-board.com/images/graemlins/icon_rolleyes.gif)
Ein Klassiker ist auch "created and maintained excel spreadsheets". Ganz besonders toll sind Bewerbungen von ehemaligen Polizisten. Das klingt dann immer so, als ob die pro Jahr ungefähr 10mal die Welt gerettet hätten.
Am Schluß kommt dann noch die Bildung, eventuell Referenzpersonen, und in 90% der Fälle die Gehaltsvorstellung.
Ganz gern schreiben sie hier auch noch irgendwelche Auszeichnungen oder Mitgliedschaften hin.
Mühsam ist, dass hier niemand sein Alter, seinen Familienstand, sowieso nicht die Hautfarbe oder Religion angibt. Fotos sind auch tabu.
Das ist natürlich ein schas wenn man so wie wir jetzt Servicepersonal einstellen muß, und da eine konkrete Vorstellung hat wie die Personen aussehen sollen, das aber erst herausfindet wenn man sie vor sich stehen hat.
Ausfiltern geht natürlich ein bisschen wenn man sich die Wohnadresse ansieht (viele schreiben aber nichteinmal ihre richtige Adresse auf den Lebenslauf) oder versucht den Lebenslauf zurückzuverfolgen. Aber ob die Person 200kg wiegt und daheim 8 Kinder hat weiß man dann noch immer nicht.
Für uns ungewohnt ist auch die Kategorisierung von Jobs.
Wenn wir als Österreicher einen Manager suchen, dann haben wir gewisse Vorstellungen einer Qualifikation.
Hier fühlt sich aber jeder der 2 Jahre lang Supervisor war, zum Manager berufen. Und ein Supervisor ist jeder, der zumindest eine Person zum herumkommandieren hat. Zum Beispiel ein pickeliger 18jähriger Frittenbrater vom Burgerking der einen 16jährigen Junior-Frittenbrater herumkommandieren darf und deshalb Frittenbrater-Supervisor ist. Der bewirbt sich dann bei uns als Production Manager (unter dem wir uns jemanden vorstellen der 20 Jahre Branchenerfahrung hat und die Qualifikation fachlich und persönlich mitbringt 140 Personen zu leiten).
Die Bewerbungsgespräche erinnern dann eher an Gebrauchtwagenverkaufsgespräche. Da sitzt dann jemand, erzählt blumig was er nicht alles organized, gemanaged, coordinated und implemented hat. Und wenn man dann konkreter nachfragt merkt man sehr schnell, dass da nichts dahinter ist, und das nur einer von 20 Sesselpupsern in seiner Abteilung ist der genau 3 Handgriffe nach Vorgabe machen kann (deshalb auch 20 Kollegen, obwohl 3 Europäer den Job locker schmeissen könnten).
Die erzählen Dir auch was von ihrer Loyalität dem Unternehmen gegenüber, und wenn man dann nachfragt wieso sie ihre derzeitige Firma nach 3 Monaten schon wieder verlassen wollen, und auch in den vergangenen 10 Jahren mindestens jährlich gewechselt haben, dann kommt meist ganz offen, dass sie mehr Geld wollen.
Um das dreht sich hier nämlich alles.
Da gibt's dann so Sachen wie vor kurzem wo ich einen Typen am Telefon schon gefragt habe wieviel er sich vorstellt, weil sein Lebenslauf eher teuer geklungen hat. Er will 45.000. OK, das wäre im Budget gewesen. Beim Bewerbungsgespräch habe ich ihn nochmal drauf angesprochen, meint er, er hätte es sich überlegt, weil die 30min mit der Bahn waren doch eher unangenehm, er will jetzt 55.000. Und tschüß.
Und gestern war ein Typ da, der ist ins Interview reingekommen, hat jedem von uns einen Zettel in die Hand gegeben auf dem ungefähr 30 Dinge gestanden sind und hat gemeint das will er jetzt mit uns Durchbesprechen.
Nach 20min haben wir ihn rausgeschmissen, weil da war er erst beim 4. Punkt. So eine Flasche, glaubt der wir haben nichts besseres zu tun, als ihm 2 Stunden zuzuhören. Der Typ wollte unser neuer Personalchef werden - mit der Aktion hat er sich aber selbst disqualifiziert.
Ich hab ja in Österreich und Deutschland auch schon Bewerbungsgespräche geführt. Und natürlich waren da manchmal Leute dabei die unterqualifiziert waren (aber denen das wenigstens klar war), oder die zu sehr von sich selbst überzeugt waren (was ich dann aber meistens eher belustigend gefunden habe).
Aber hier ist das um Potenzen schlimmer. Manche Leute haben Null Ahnung worum es eigentlich geht, was ihnen aber scheißegal ist. Nach dem Motto vom Tellerwäscher zum Millionär, jeder Schuhverkäufer kann Präsident werden wenn er das will. Die verstehen das überhaupt nicht wennst ihnen sagst Du suchst jemandem mit einschlägiger Erfahrung.
Und die Supermänner die echt glauben Du drückst ihnen beim Betreten des Raums sofort den unterschrieben Vertrag in die Hand. Die Typen würden in Europa keine 5min am Arbeitsmarkt bestehen, tragen hier aber Unsummen nach Hause (wenn auch alle paar Monate von einem anderen Arbeitgeber
).
Alle heiligen Zeiten verirt sich dann mal ein Europäer in ein Interview. Und das ist dann immer so erfrischend. Lockere Atmosphäre, es werden die relevanten Dinge besprochen, da weiß man wen man vor sich hat und was man von ihm erwarten kann. KeiN Verstellen, keine Show, kein blabla.
Im deutschsprachigen Raum sagt man ja, in der Kürze liegt die Würze.
Hier in den USA sind 5 Seiten scheinbar das Minimum. Nichts tabellarisch oder so, sondern schön in Aufsatzform inklusive detailliertester Beschreibung aller jemals durchgeführten Tätigkeiten, natürlich ordentlich ausgeschmückt (eben Teleshopping - da wird ja auch die An- Aus-Funktion einer Pimperldigitalkamera als Innovation des Jahrtausends verkauft).
Üblicherweise ist der Aufbau so:
Ein kurzer Absatz was man sich von einer neuen Stelle erwartet und was man dort einbringen kann.
Das klingt in etwa so: "Able to identify opportunities and consistently achieve objectives. Develop insights and solutions; improve organizational effectiveness".
Dann kommen die Jobs der letzten Jahre plus die genaue Tätigkeitsbeschreibung.
Ich hab zB grad einen Lebenslauf vor mir liegen von jemandem der mal als Verkäufer in einem Supermarkt gearbeitet hat:
"assisted customers with questions and comments"
"provided customers with expert knowledge of products and their location in the store".
=> Ja eh, was macht ein Supermarktverkäufer denn sonst?
![[Bild: icon_rolleyes.gif]](https://www.downhill-board.com/images/graemlins/icon_rolleyes.gif)
Ein Klassiker ist auch "created and maintained excel spreadsheets". Ganz besonders toll sind Bewerbungen von ehemaligen Polizisten. Das klingt dann immer so, als ob die pro Jahr ungefähr 10mal die Welt gerettet hätten.
Am Schluß kommt dann noch die Bildung, eventuell Referenzpersonen, und in 90% der Fälle die Gehaltsvorstellung.
Ganz gern schreiben sie hier auch noch irgendwelche Auszeichnungen oder Mitgliedschaften hin.
Mühsam ist, dass hier niemand sein Alter, seinen Familienstand, sowieso nicht die Hautfarbe oder Religion angibt. Fotos sind auch tabu.
Das ist natürlich ein schas wenn man so wie wir jetzt Servicepersonal einstellen muß, und da eine konkrete Vorstellung hat wie die Personen aussehen sollen, das aber erst herausfindet wenn man sie vor sich stehen hat.
Ausfiltern geht natürlich ein bisschen wenn man sich die Wohnadresse ansieht (viele schreiben aber nichteinmal ihre richtige Adresse auf den Lebenslauf) oder versucht den Lebenslauf zurückzuverfolgen. Aber ob die Person 200kg wiegt und daheim 8 Kinder hat weiß man dann noch immer nicht.
Für uns ungewohnt ist auch die Kategorisierung von Jobs.
Wenn wir als Österreicher einen Manager suchen, dann haben wir gewisse Vorstellungen einer Qualifikation.
Hier fühlt sich aber jeder der 2 Jahre lang Supervisor war, zum Manager berufen. Und ein Supervisor ist jeder, der zumindest eine Person zum herumkommandieren hat. Zum Beispiel ein pickeliger 18jähriger Frittenbrater vom Burgerking der einen 16jährigen Junior-Frittenbrater herumkommandieren darf und deshalb Frittenbrater-Supervisor ist. Der bewirbt sich dann bei uns als Production Manager (unter dem wir uns jemanden vorstellen der 20 Jahre Branchenerfahrung hat und die Qualifikation fachlich und persönlich mitbringt 140 Personen zu leiten).
Die Bewerbungsgespräche erinnern dann eher an Gebrauchtwagenverkaufsgespräche. Da sitzt dann jemand, erzählt blumig was er nicht alles organized, gemanaged, coordinated und implemented hat. Und wenn man dann konkreter nachfragt merkt man sehr schnell, dass da nichts dahinter ist, und das nur einer von 20 Sesselpupsern in seiner Abteilung ist der genau 3 Handgriffe nach Vorgabe machen kann (deshalb auch 20 Kollegen, obwohl 3 Europäer den Job locker schmeissen könnten).
Die erzählen Dir auch was von ihrer Loyalität dem Unternehmen gegenüber, und wenn man dann nachfragt wieso sie ihre derzeitige Firma nach 3 Monaten schon wieder verlassen wollen, und auch in den vergangenen 10 Jahren mindestens jährlich gewechselt haben, dann kommt meist ganz offen, dass sie mehr Geld wollen.
Um das dreht sich hier nämlich alles.
Da gibt's dann so Sachen wie vor kurzem wo ich einen Typen am Telefon schon gefragt habe wieviel er sich vorstellt, weil sein Lebenslauf eher teuer geklungen hat. Er will 45.000. OK, das wäre im Budget gewesen. Beim Bewerbungsgespräch habe ich ihn nochmal drauf angesprochen, meint er, er hätte es sich überlegt, weil die 30min mit der Bahn waren doch eher unangenehm, er will jetzt 55.000. Und tschüß.
Und gestern war ein Typ da, der ist ins Interview reingekommen, hat jedem von uns einen Zettel in die Hand gegeben auf dem ungefähr 30 Dinge gestanden sind und hat gemeint das will er jetzt mit uns Durchbesprechen.
Nach 20min haben wir ihn rausgeschmissen, weil da war er erst beim 4. Punkt. So eine Flasche, glaubt der wir haben nichts besseres zu tun, als ihm 2 Stunden zuzuhören. Der Typ wollte unser neuer Personalchef werden - mit der Aktion hat er sich aber selbst disqualifiziert.
Ich hab ja in Österreich und Deutschland auch schon Bewerbungsgespräche geführt. Und natürlich waren da manchmal Leute dabei die unterqualifiziert waren (aber denen das wenigstens klar war), oder die zu sehr von sich selbst überzeugt waren (was ich dann aber meistens eher belustigend gefunden habe).
Aber hier ist das um Potenzen schlimmer. Manche Leute haben Null Ahnung worum es eigentlich geht, was ihnen aber scheißegal ist. Nach dem Motto vom Tellerwäscher zum Millionär, jeder Schuhverkäufer kann Präsident werden wenn er das will. Die verstehen das überhaupt nicht wennst ihnen sagst Du suchst jemandem mit einschlägiger Erfahrung.
Und die Supermänner die echt glauben Du drückst ihnen beim Betreten des Raums sofort den unterschrieben Vertrag in die Hand. Die Typen würden in Europa keine 5min am Arbeitsmarkt bestehen, tragen hier aber Unsummen nach Hause (wenn auch alle paar Monate von einem anderen Arbeitgeber
![[Bild: tongue.gif]](https://www.downhill-board.com/images/graemlins/tongue.gif)
Alle heiligen Zeiten verirt sich dann mal ein Europäer in ein Interview. Und das ist dann immer so erfrischend. Lockere Atmosphäre, es werden die relevanten Dinge besprochen, da weiß man wen man vor sich hat und was man von ihm erwarten kann. KeiN Verstellen, keine Show, kein blabla.