Die ÖVP hat, weil sie von der FPÖ gelernt hat, sicher Härte ins Geschäft gebracht. Zu diesem Thema gab´s übrigens einen sehr guten Artikel in der "Zeit". Auszugsweise:
"...Der Schriftsteller Rabinovici beklagt heute, es habe sich in Österreich eine »Sag’n ma, es war nix«-Mentalität breit gemacht. Und dies sei vor allem auch das Verdienst der ÖVP. Tabubrüche, die in anderen Ländern längst die Überschreitung der roten Linie bedeutet hätten, würden hier von Kanzler Schüssel laut beschwiegen. Die Liste solcher Tabubrüche ist lang: Haiders Besuche bei Saddam. Sein Lob für SS-Veteranen. Die Beschimpfung von Richtern. Unversteuerte Geschenke, die sein Zögling, der Jetset-Finanzminister Karl Heinz Grasser, von Industriellen erhielt. Die Säuberung des ORF von kritischen Geistern. Und nicht zuletzt: die Hetze gegen Ausländer, Juden und Intellektuelle. Der Sozialforscher Bernd Marin, ein renommierter Citoyen, der einst selbst am Heldenplatz Reden hielt, sagt: »Wir erlebten die Banalisierung des Bösen.«
So hat das Land zwar keine totalitäre Wende, aber eine »Verluderung« erfahren, wie es der ehemalige Nationalratspräsident Heinrich Neisser, einer der letzten Liberalen in der ÖVP, einmal nannte. Viele Parolen der FPÖ sind heute für die Großparteien anschlussfähig. Nur die Grünen werben noch damit, dass man auch ohne Ausländerhetze regieren kann. Die SPÖ, die den lange erhofften Wahlsieg dank eines spektakulären Zwei-Milliarden-Euro-Kriminalfalles rund um die Gewerkschaftsbank Bawag knapp verspielt zu haben scheint, zückt hingegen unverschämt die Ausländerkarte. Der bei Volk und Medien nicht sonderlich beliebte Parteichef Alfred Gusenbauer fordert nun auch, »alle kriminellen Ausländer« des Landes zu verweisen – und er beschloss mit der Regierung, die er stets als ausländerfeindlich brandmarkte, unter dem Beifall des Boulevards die strengsten Fremdengesetze. Auf der konservativen Seite verkündet derweil die Innenministerin Liese Prokop, eine Christdemokratin, Muslime seien nicht bereit, sich zu integrieren – obwohl Studien ihres Hauses das genaue Gegenteil belegen. Und selbst bei einem nachweislich von der Polizei gefolterten Afrikaner wollte sie sich jüngst nicht entschuldigen – »weil der ein Dealer war«. Dabei fordert die ÖVP auf Plakaten »strenge Gesetze« und »sichere Grenzen«.
Und genau da beginnt der Selbstbetrug in diesem Land, das auf politischer Ebene nicht neoliberal, sondern neofeudal geworden ist. Politiker suggerieren, es existiere noch der Eiserne Vorhang, und sie liefern sich nationalistische Scharmützel mit osteuropäischen Nachbarn. Österreichs mittelständige Wirtschaft ist jedoch längst weiter. Sie profitiert von offenen Grenzen, expandiert bis an die Grenzen des ehemaligen k.u.k. Reiches und sorgt so für wachsenden Wohlstand. Wien, das plötzlich wieder in der Mitte Europas liegt, entwickelt sich zur weltoffenen Ostmetropole. Zehntausende Osteuropäer pendeln illegal hierher – obwohl sie gebraucht werden. Ein Politiker kann das übrigens bezeugen. Seine Familie hatte eine Pflegerin aus Osteuropa illegal beschäftigt, und er gestand, er würde es wieder tun. Es war Kanzler Schüssel..."
Am liebsten wäre mir noch immer eine SPÖ/Grüne Koalition, nur um zu sehen, wie die Grünen umfallen, ihr Knittelfeld erleben, die Trennung der Realos von den Fundis, sofern es letztere überhaupt nich gibt. Komisch, irgendwie scheine ich auf Entäuschungen zu stehen.
Grüsse
Thomas